Kenia ist die grösste Volkswirtschaft in Ostafrika und steht kurz vor potenziell richtungsweisenden Wahlen. In diesem Zusammenhang konnte Foraus mit Florian Gubler, stellvertretender Missionschef der Schweiz in Nairobi, ein Interview durchführen. Erfahre im ersten Teil wo die Schweiz mit Kenia zusammenarbeitet und wo man die Beziehungen noch ausbauen könnte.
Kenia und die Schweiz etablierten schon kurz nach der Unabhängigkeit Kenias im Jahre 1963 diplomatische Beziehungen. Wie haben sich diese entwickelt und was hat man gemeinsam erreicht?
Florian Gubler: Kenia ist einer unserer wichtigsten Partner in Afrika und die Beziehungen zwischen der Schweiz und Kenia waren über die Jahrzehnte weitestgehend gut. Nachdem in Kenia in den neunziger Jahren ein Mehrparteiensystem eingeführt und demokratische Wahlen abgehalten wurden, entstanden auch die Grundlagen für engere und diversifiziertere Beziehungen, wie etwa Abkommen zum Investitionsschutz und zum Luftverkehr, zur Zusammenarbeit in der Friedens- und Sicherheitspolitik sowie zwischen den Justizbehörden.
Welches sind gegenwärtig die Schwerpunkte in den bilateralen Beziehungen?
Momentan sehe ich drei thematische Schwerpunkte. Erstens die Korruptionsbekämpfung, wo die Schweiz eng mit Kenia zusammenarbeitet, speziell im Hinblick darauf, durch Korruption erwirtschaftetes Geld aus der Schweiz nach Kenia zurückzuführen (Potentatengelder, Asset Recovery). Der zweite Schwerpunkt hängt mit der im Jahre 2010 rundum erneuerten Verfassung Kenias zusammen, die eine Dezentralisierung in Gang setzte, welche zum Ziel hat, die Verwaltung in den Regionen näher an den Bürger zu bringen. Hier unterstützt die Schweiz die kenianischen Behörden im Sinne eines Erfahrungsaustauschs mit Expertise, um aufkommende Herausforderungen und Probleme zu meistern. Und dann möchte ich auch die Entwicklungszusammenarbeit nennen, welche sich im Rahmen eines Regionalprogramms vor allem auf den trockenen Norden von Kenia (sowie auf Somalia und die Grenzregionen in Äthiopien) konzentriert, wo der Fokus auf Ernährungssicherheit, Gesundheitspolitik, guter Regierungsführung und Migrationsthemen liegt.
In welchen Bereichen besteht noch Potenzial für eine Ausweitung der Beziehungen?
Das gesamte Handelsvolumen zwischen der Schweiz und Kenia betrug im Jahre 2016 relativ bescheidene 140 Millionen CHF, hier sehen wir ganz klar Ausbaupotenzial. So besteht beispielsweise im Energiesektor ein grosser Bedarf an Investitionen, um das vorhandene Potenzial an erneuerbaren Ressourcen auszuschöpfen. Zudem hat die Landwirtschaft Nachholbedarf punkto Effizienz, und die nachgelagerte Verarbeitung ist wenig produktiv. Kenia ist stark von Lebensmittelimporten abhängig. Hier könnte man den Handel, aber auch die Investitionen vor Ort ausbauen.
Florian Gubler ist stellvertretender Missionschef der Schweizerischen Botschaft in Nairobi. Vorher war er unter anderem in Pristina, Moskau, Bern und Tiflis stationiert.