Die USA einigt sich mit dem Iran und sitzt mit Kuba an einen Tisch: Angesichts der gegenwärtigen Entwicklungen sollte die Schweiz überdenken, wie sie sich an der Globale Governance beteiligt, statt sich auf den Part der neutralen Vermittlerin zu beschränken. Eines jedoch ist klar: Die Involvierung der Schweiz muss und wird gezwungenermassen allgemein zunehmen.
Jetzt ist es also soweit! Die USA und der Iran konnten sich vor einigen Tagen nach langen und zähen Verhandlungen auf ein Nuklearabkommen einigen. Beinahe zeitgleich haben die USA und Kuba die Normalisierung ihrer diplomatischen Beziehungen mit der Eröffnung von Botschaften in der jeweilig anderen Hauptstadt gekrönt. Zwei denkwürdige und durchaus positive Ereignisse – eigentlich. „Eigentlich“ deshalb, weil die Schweizer Vermittlungs- oder offiziell „Schutzmachtmandate“ zwischen den USA und Iran beziehungsweise zwischen den USA und Kuba nun nicht mehr länger von Bedeutung sind. Da die USA und Kuba nun direkte diplomatische Beziehungen aufgenommen haben, wurde das Schweizer Mandat der USA in Havanna kürzlich sogar explizit von US-Aussenminister Kerry schriftlich gekündigt. Als Schutzmacht spielte die Schweiz in der globalen Politik einst eine bedeutende Rolle. Insbesondere während des Kalten Krieges war sie dank ihrer Neutralität die Schutzmacht schlechthin und hatte zeitweise bis 24 solcher Mandate gleichzeitig inne. Nach dem Ende des Kalten Krieges und nun speziell auch nach dem „Verlust“ dieser beiden doch namhaften Mandate, sollte nun die Frage der Rolle der Schweiz in der gegenwärtigen globalen Politik wieder einmal gestellt werden.
Globale Herausforderungen, internationales Handeln
Kennzeichnend für die Gegenwart sind komplexe Phänomene globalen Ausmasses wie Klimawandel, Migrationsströme, Terrorismus, Umweltverschmutzung, Proliferation oder langandauernde innerstaatliche Konflikte. All dies sind Herausforderungen, welche bekanntlich nicht mehr von individuellen Staaten erfolgreich angegangen, geschweige denn gelöst werden können. Stattdessen sind die Staaten gezwungen die Dinge gemeinsam an die Hand zu nehmen und nach Lösungen zu suchen. Dieses „ gemeinsam an die Hand nehmen“ wird auf Englisch „Global Governance“ genannt.
Dieser Ausdruck, für den sich kein entsprechender Begriff auf Deutsch durchsetzen konnte, bezeichnet das Regeln und Steuern von globalen Angelegenheiten. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine Hierarchie, im Sinne einer Weltregierung. Vielmehr muss man sich in diesem Zusammenhang die Welt als Genossenschaftsbeiz (wie das Hirscheneck in Basel oder das Café Zähringer in Zürich) vorstellen. Die Staaten bilden das Kollektiv, welches zugleich Belegschaft und Geschäftsleitung ist. Gemäss den Statuten dieser „Weltgenossenschaft“, also den völkerrechtlichen Grundsätzen, haben alle Staaten die gleichen Rechte und Pflichten und sind somit gleichberechtigt. Prinzipiell stimmt dies zwar im rechtlichen Sinne, faktisch aber ist dies natürlich sowohl in der Genossenschaftsbeiz, wie auch in der Weltgemeinschaft nicht der Fall. Zwischen den Kollektiv-Mitgliedern gibt es durchaus zahlreiche Unterschiede, so nicht nur hinsichtlich ihres jeweiligen inneren Wesens, sondern auch was ihrer externen Einflussmöglichkeiten betrifft. Während gewisse also sich und ihre Meinung effektiver ins Geschehen einbringen können, sind andere nicht so erfolgreich damit. Jedes Mitglied dieses Kollektivs partizipiert nach seinen eigenen Stärken und Möglichkeiten.
Einer für Alle, Alle für Einen
Dieser Slogan stammt nicht nur aus Alexandre Dumas’ Roman “Die Drei Musketiere”, sondern steht auch, auf Lateinisch, in der Kuppel des Bundeshaus: „Unus pro omnibus, omnes pro uno.“ Obwohl sich ursprünglich auf den Zusammenhalt der Kantone bezieht, kann er heute auch als Leitgedanke für das Engagement der Schweiz in der Global Governance verstanden werden. Ein Abseitsstehen ist weder erwünscht, noch möglich, da die Lösungen für Probleme gesucht werden, welche jeden einzelnen angehen. Wie jedoch kann und soll die Schweiz sich einbringen?
Die Möglichkeiten eines Schweizer Engagements in der Global Governance sind mannigfaltig, gewisse bereits erprobt, andere noch zu prüfen. So kann dies geschehen in der Rolle der Vermittlerin (wie im Ukraine-Konflikt), als Initiantin neuer Projekte (wie im Falle des UN-Menschenrechtsrats), als Unterstützerin bei Katastrophen und Krisen (wie der SWISSCOY-Einsatz im Kosovo) als Gastgeberin von internationalen Organisationen und Konferenzen (sei dies in Genf, Montreux, Lausanne oder Davos) oder aber auch als Mitbestimmerin (als Mitglied des UN-Sicherheitsrates).
Grundsätzlich jedoch muss sich die Schweiz, genau wie alle anderen Staaten, zunehmend aktiv an der Global Governance beteiligen. Denn nur wenn sich alle Staaten gemeinsam bemühen, können die globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts auch eventuell einst gemeistert werden.