Von Antoine Schnegg – Das EDA ermuntert Schweizer Auslandvertretungen, bei offiziellen Anlässen ausschliesslich Schweizer Weine und Spirituosen zu servieren. Damit soll die Schweizer Weinproduktion im Ausland bekannt gemacht werden. Soll sich die Politik hier wirklich einmischen?
Das EDA ermuntert in ihren neuen Direktiven an die Auslandvertretungen, bei offiziellen Anlässen ausschliesslich Schweizer Weine und Spirituosen zu servieren. Dieser Schritt erfolgt als Reaktion auf die Überweisung zweier Motionen der Nationalräte Christoph Darbellay und Thomas Hurter. Während die Motion Darbellay in ihrer ursprünglichen Fassung die Auslandvertretungen zu helvetischem Ausschank verpflichten wollte, sprach sich dessen Abänderung und die Motion Hurter dafür aus, die Auslandvertretungen dazu anzuhalten, Schweizer Weine zu servieren.
Darbellay und Hurter stören sich offenbar sehr daran, dass an der Weltausstellung 2010 in Shanghai mit spanischem Wein angestossen wurde. Gemäss den beiden Nationalräten, hätten Schweizer Weinhändler grosse logistische Hürden auf sich nehmen müssen, um überhaupt in Shanghai Schweizer Wein liefern zu können. Es ist eigentlich auch verständlich, dass für Schweizer Wein die Werbetrommel geschlagen wird, immerhin fliessen mehrere Millionen an Subventionen in den Schweizer Weinbau.
Warum fördern Darbellay und Hurter Schweizer Wein?
Zunächst muss festgehalten werden, dass es in der Schweiz ausgezeichnete Weine gibt, welche sich locker mit spanischem Wein messen können. Allerdings stellt man ebenso fest, dass nur 1-2 Prozent des Weines auf den Weltmarkt gelangen, der Löwenanteil wird in der Schweiz getrunken. Die Nachfrage nach qualitativ hochwertigem Schweizer Wein ist im Inland gestiegen, während die Rebflächen seit dem letzten Jahrhundert auf ein Drittel der ursprünglichen Fläche geschrumpft sind, unter anderem wegen Billigimporten (v.a. Weisswein).
Es ist also höchste Zeit, dass die Schweiz aktiv ihren Wein im Ausland verkauft! Immerhin ist Darbellay im Verwaltungsrat des Weinhauses Robert Gilliard (ein traditionelles Weinhaus im Wallis) und stammt aus dem Schweizer Weinkanton. Ferner ist Darbellay im Vorstand der Association suisse du goûts (Veranstalterin einer grossen Schweizer Gastromesse) und lustigerweise auch im Vorstand der Interessengruppe Mineralwasser. Hurter ist Mitglied des Bodenseerats, einer Organisation welche unter anderem auch die wirtschaftlichen Vorzüge der Bodenseeregion (ebenfalls ein wichtiges Weinbaugebiet) fördern soll.
Soll sich die Politik wirklich mit solchen Dingen beschäftigen?
Ich mag Schweizer Weine und erachte es als wichtig, dass Schweizer Winzer für ihre Produkte im Ausland werben können. Ich frage mich jedoch, hat die Politik nicht besseres zu tun, also solche Vorschriften (welche dann als Empfehlungen daher kommen) zu fordern? Wie das EDA festhält, ist es bereits heute üblich, dass in Schweizer Auslandvertretungen Schweizer Weine serviert werden (sowie andere Schweizer Produkte). Es ist allerdings sinnfrei, einer Auslandvertretung in diesem Bereich Vorschriften zu machen oder Empfehlungen abzugeben. Soll Botschafter Matyassy in Buenos Aires keinen Ojo de Agua mehr bewerben können, welcher vom Schweizer Dieter Meier angebaut wird? Sollen in Chile, Argentinien, Australien und Südafrika konsequent Schweizer Weine in die Auslandvertretungen geschickt werden?
Es stimmt, dass Schweizer Botschafter eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht Produkte aus der Schweiz anzupreisen. Aber wären es nicht die Winzer selbst, welche Schritte unternehmen müssten? Warum war es z.B. für die Schweizer Winzer nicht möglich Wein nach Shanghai zu liefern? Den spanischen Winzern ist dies offenbar gelungen. Es kann auch gefragt werden, ob es wirklich die Rolle des Staates ist gesundheitsgefährdende Produkte zu bewerben. Herr Darbellay hätte sich ja auch für Mineralwasser einsetzen können. Und ob Mineralwasser oder Wein, macht es aus einer ökologischen Perspektive Sinn, Wein in Weinbaugebiete auf den ganzen Globus sozusagen mit der valise diplomatique zu verschiffen?
Lasst sie trinken…
Es geht mir nicht darum, das Bewerben von Schweizer Produkten anzuprangern, vielmehr habe ich Mühe Verständnis dafür aufzubringen, dass Politiker Leuten Vorschriften machen wollen, was sie trinken sollen. Ich bin überzeugt, dass unsere Botschafter das richtige Fingerspitzengefühl aufbringen können, um Schweizer Produkte erfolgreich anzupreisen. Mit einer unverbindlichen Empfehlung an die Auslandvertretungen wird sich ohnehin kaum etwas ändern.
Ferner bin ich der Auffassung, dass die subventionierten Schweizer Weinbauern durchaus selbst ihre Produkte anpreisen können. Hierfür braucht es keine Hilfe von Politikern, welche selbst ein Interesse haben, dass ihr Wein getrunken wird. Darbellay sollte vielleicht selbst seinen Les Murettes (ein ausgezeichneter Fendant) anpreisen, er fände auch im Ausland problemlos Abnehmer.
Antoine Schnegg, Jurist und Doktorand am Institut für Völkerrecht der Universität Zürich sowie Redaktionsmitglied des foraus-Blogs.
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