Wir sind dann mal weg

Diplomacy & international actors

Die Schliessung von Niederlassungen betrifft nicht nur Auslandsschweizer und Touristen. Als kleines und auf Vernetzung angewiesenes Land sind Botschaften und Konsulate wichtige Visitenkarten der Schweiz. Ein Plädoyer für die Stärkung unseres Aussennetzes.

 

Trotz Sparzwang des Parlaments: Der Schrumpfung des Aussennetzes ist aus mehreren Gründen entgegenzutreten. Erstens sind die Schweiz und ihre Wirtschaft auf internationale Vernetzung angewiesen. Die Pflege direkter zwischenstaatlicher Beziehungen ermöglicht es der Schweiz, ein Netz von gleichgesinnten Partnern aufzubauen. Insbesondere hinsichtlich der multilateralen Diplomatie erweisen sich die Kontakte vor Ort als wertvoll. So kann die Schweiz beispielsweise Unterstützung für aussenpolitische Initiativen direkt bei den jeweiligen Staaten ersuchen und festigen. Ein gutes Beispiel ist die von der Schweiz mitinitiierte angestrebte Reform des UNO-Sicherheitsrates. Zwar wird viel diplomatische Überzeugungsarbeit in New York und Genf geleistet. Die Entscheidung eines Staates, ob diese Reform mitgetragen wird, fällt jedoch in der jeweiligen Hauptstadt. Auch im Rahmen der bilateralen Beziehungen spielen unsere Botschaften eine wichtige Rolle. So zeugt die Erhaltung von Niederlassungen von einer nicht zu unterschätzenden Wertschätzung der Schweiz gegenüber dem Gaststaat und fördert den politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Austausch.

Auch wirtschaftlich von Bedeutung

Die kürzlich beschlossene Schliessung der Botschaft in Asunción mag zwar aufgrund der vergleichsweise geringen wirtschaftlichen Bedeutung Paraguays für die Schweiz verkraftbar erscheinen. Dies könnte sich aber als ungünstig erweisen, sollte beispielsweise ein Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten unterzeichnet werden. Aus wirtschaftlicher Sicht vereinfachen Auslandsvertretungen zudem die Niederlassung von heimischen Unternehmen und tragen zur Diversifikation der Exportmärkte bei. Gemeinsam mit den bilateralen Handelskammern unterstützen die Botschaften Schweizer Unternehmen vor Ort und stellen somit wichtige Ansprechpartner dar.

Die Mühen der fünften Schweiz

Zurzeit leben über 700’000 Schweizer im Ausland – Tendenz steigend. Die Schliessung von Konsulaten stellt die betroffenen Auslandsschweizer vor grosse Herausforderungen, da die Ausstellung amtlicher Bescheinigungen nunmehr mehrstündige Reisen und weitreichende Planung erfordert. Dies stellt insbesondere ältere Auslandsschweizer vor erhebliche Probleme. Gleiches gilt auch für die Umstellung der Verwaltungstätigkeiten auf elektronische Kanäle mittels E-Government. Was für die Generation der digital natives zur Selbstverständlichkeit gehört, ist gerade für ältere Mitbürger oftmals ein Ding der Unmöglichkeit. Zwar versucht das EDA gewisse Unannehmlichkeiten zu lindern –  mobile Passbüros ermöglichen beispielsweise die Ausstellung von Pässen ohne die Notwendigkeit permanenter konsularischer Räumlichkeiten – doch das Risiko einer Marginalisierung von (älteren) Auslandsschweizern bleibt bestehen.

Rettender Grashalm für Touristen

Zu guter Letzt betrifft das Konsulatssterben auch das äussert reisefreudige Schweizervolk.  Der Verlust von Pässen in den wohlverdienten Ferien ist schon per se eine mühsame Angelegenheit. Wird dies von einem fehlenden Konsulat begleitet, kann die Rückreise schnell zur Odyssee mutieren. Insbesondere, wenn der Rückflug unmittelbar bevorsteht oder die Fluggesellschaft den per E-Mail ausgestellten Passierschein nicht akzeptiert. Viel schwerwiegender jedoch ist die Absenz konsularischer Vertretungen im Falle von Umweltkatastrophen oder bewaffneten Unruhen. Hier können Konsulate Hilfe in Form von Auskünften oder sogar die Evakuierung für Schweizer Mitbürgerinnen- und Bürger leisten, was sich von Bern aus viel schwieriger gestalten würde.