Saisonniers2.0: Die MEI führt in Versuchung

Migration

Soll gleichzeitig die Nachfrage nach Arbeit gedeckt und die Zuwanderung gedrosselt werden, so steigt der Druck, Arbeitskräfte einfach nicht mehr als Zuwanderer zu zählen. Ein Trick, der mit der Umsetzung der MEI in Mode kommen könnte, besteht darin, Dienstleistungserbringer, statt Arbeitnehmer zu rekrutieren.

Gemessen an den denkbaren Umsetzungskonzepten für die Masseneinwanderungsinitiative (MEI) ist der Umsetzungsvorschlag des Bundesrates noch lange nicht so schlimm, wie er hätte sein können. Insbesondere, dass er der Versuchung widersteht, einen neuen Saisonnierstatut einzuführen, ist dem Bundesrat hoch anzurechnen – auch wenn es fast sicher ist, dass die betroffenen Lobbies noch eine Art prekäre, vorübergehende Zuwanderung hineinverhandeln würden, wenn der Vorschlag je ernsthaft umgesetzt würde (und nicht eh am Widerstand der EU scheitert).

Eine Putzfrau praesentiert sich neben ihrem Staubsauger in der VIP Lounge des Frankfurter Flughafens. Der Frankfurter Flughafen ist mit 71.000 Beschaeftigten (Ende 2009) die groesste Arbeitsstaette Deutschlands. FRAPORT, Frankfurt Airport City, 07.05.2010 [© Alexandra Vosding, Dorotheenstrasse 27, D-61348 Bad Homburg, Fon.: +49-6172-1719749, Fax: +49-6172-684434, Mobile: +49.171.5451002; www.alexandra-vosding.de, info@alexandra-vosding.de; Konto-Nr.: 343975900, Commerzbank Bad Homburg BLZ:50040000; IBAN: DE39500400000343975900 SWIFT (BIC): COBADEFFXXX. USt-IdNr.: DE253228865; Mit dem Download des Bildes werden meine Allgemeinen Geschaeftsbedingungen (AGB)- downloadbar unter www.alexandra-vosding.de- akzeptiert. Verwendung nur gegen Honorar lt. aktueller MFM-Preisliste (+7% USt in DEU), Urhebervermerk (Foto: Alexandra Vosding) und 2 Belegexemplare an: Alexandra Vosding, Friedrichsdorfer Strasse 19 b, 61352 Bad Homburg. Verwendung des Bildes ausserhalb journalistischer Berichterstattung bedarf besonderer schriftlicher Vereinbarung. Die Nutzungsrechte werden ohne das Recht zur mechanischen oder elektronischen Veraenderung uebertragen, es sei denn, eine anders lautende Rechtsuebertragung ist ausdruecklich schriftlich vereinbart. Fuer weitere Varianten fragen Sie mich bitte // publishing only with royalty payment on basis of current MFM price list, USt-IdNr.: DE253228865; print samples and photocredit (photo: alexandra-vosding.de) required, downloading this picture you accept the general terms and conditions as avaliable at my website http://www.alexandra-vosding.de; for further variations please ask me.]

Arbeitnehmerin oder Dienstleistungserbringerin? So oder so eine Zuwandererin, die im Interesse aller als Mitglied der Gesellschaft behandelt werden sollte.(Quelle: http://www.eintagdeutschland.de/sites/default/files/arbeiten/vosding_alexandra_b08.jpg)

Zuwanderung umdefiniert

Ein wichtiger Pferdefuss hat der Umsetzungsentwurf des Bundesrates aber jetzt schon: Er definiert Zuwanderung neu als Aufenthalt in der Schweiz, der länger als ein Jahr dauert. Damit werden Aufenthalte von weniger als einem Jahr den Zwängen der Masseneinwanderungsinitiative entzogen. Es entsteht so ein enormer politischer Anreiz, die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes durch Kurzaufenthalter zu decken, die zwar nicht Saisonniers heissen, aber Saisonniers sind. Und weil der Arbeitsmarkt sehr wahrscheinlich nicht über die kontingentierte Zuwanderung versorgt werden könnte, würde die Schweizer Politik dieser Versuchung wohl rasch erliegen. Der ursprüngliche Entwurf des Bundesrates tut dies noch nicht. Er besteht zwar darauf, dass Aufenthalter bis zu einem Jahr nicht kontingentiert werden müssten, nimmt aber vorerst nur Aufenthalter bis zu vier Monaten von der Kontingentierung aus.

Ist das besser? – Kaum. Denn die Gruppe von Personen, die nach dem Plan des Bundesrates von der Kontingentierung ausgenommen wären, sind Dienstleistungserbringer bis zu vier Monaten. Damit werden starke Anreize gesetzt, Dienstleister statt Arbeitnehmer zu rekrutieren. Für den einzelnen Nachfrager kommt es nicht sehr darauf an, ob er für eine zu erledigende Arbeit eine Person einstellt oder ein Dienstleistungsunternehmen mit der Erledigung der Arbeit betraut. Er kann eine polnische Putzfrau einstellen oder die Dienstleistungen eines polnischen Reinigungsunternehmens in Anspruch nehmen. Er kann portugiesische Erntehelfer einstellen oder die Dienstleistungen einer portugiesischen Firma für Erntearbeiten in Anspruch. Für die Gesamtwirtschaft aber bedeutet der Ersatz von Arbeitnehmer durch Dienstleister möglicherweise ein grossen Verlust von Wertschöpfungspotential, denn das führt zu Menschen, die zwar in der Schweiz arbeiten, aber nur über den Dienstleistungsmarkt zugelassen sind und keinen Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten. Sie sind nicht Gastarbeiter, sondern Gastdienstleister und als solche unter Umständen noch stärker prekarisiert, als es früher schon die Gastarbeiter waren. Sie haben noch weniger Autonomie, ihr Aufenthalt ist für eine noch kürzere Zeit konzipiert und sie sind zusätzlich zu einem Auftraggeber noch von einem Dienstleistungsunternehmen abhängig, das einen Teil des Wertes ihrer Arbeit für sich einstreicht.

Und die Idee, Zuwanderung vermeiden zu können, in dem Menschen nur vorübergehend zugelassen werden, ist auf dem Dienstleistungsmarkt ebenso illusorisch, wie auf dem Arbeitsmarkt. Denn mit Dienstleistern ist es wie mit Arbeitskräften: Wenn man sie ruft, dann werden Menschen kommen.