Von Oliver Thommen – Die verfahrene Situation in Korea zeigt, dass Sanktionsregime nicht unbedingt Lösungen für Konflikte ermöglichen. Auch Iran droht sich in einen abgeschotteten Staat zu verwandeln. Sogenannte Smart Sanctions können dies verhindern, da diese spezifischer greifen als generelle Sanktionen.
Es steht ausser Zweifel: Die Islamische Republik Iran ist kein demokratischer Staat. Menschenrechte und politische Teilhabe sind eingeschränkt, die Repression gegenüber der Regimekritik hat sich während der Amtszeit von Präsident Mahmud Ahmedinedschad massiv verstärkt. Dass die demokratische Staatenwelt Europas und Nordamerikas auf Abstand geht, auch Sanktionen ergreift, ist also berechtigt – gerade wenn es um den Handel mit zur Repression der Bürgerinnen und Bürger geeigneten Werkzeuge wie Überwachungssoftware oder Waffen geht.
Die von den USA angestossenen Sanktionen haben aber inzwischen ein Mass erreicht, das schwerwiegende Konsequenzen haben kann. Es ist zwar nobel, dass die Verbreitung von Atomwaffen verhindert werden soll. Doch Iran bewegt sich im Bereich Nuklearforschung momentan in einem legalen Rahmen, die Atombombenvorwürfe sind trotz allem nur Vermutungen.
Mahnung aus Pjöngjang und Damaskus
Immer wieder gibt es Situationen, in welchen Länder mit Sanktionen belegt werden; inwiefern diese Sanktionsregime erfolgreich sind, ist streitbar. Ein Blick in die aktuell brennendsten Konflikte der Welt zeigt deren mögliche Wirkungslosigkeit: Sowohl in Syrien als auch in Nordkorea hat die internationale Gemeinschaft zu Recht Sanktionen gegen die Regime ergriffen: gegen verantwortliche Personen, Staatsfirmen, Zentralbank oder Finanzdienstleistungen.
Weitreichende Sanktionen führten aber in beiden Fällen dazu, dass weite Teile der Bevölkerung dadurch noch mehr Leid erdulden müssen. Währenddessen igelt sich das Regime ein und kann sogar noch aus einer Position der Stärke gegen die äusseren Feinde polemisieren. Sowohl dass Assad- als auch das Kim-Regime sind seit über einem halben Jahrhundert an der Macht.
Iran am Boden aber nicht am Ende
Ähnliches ist im Fall Iran zu erkennen: Seit nicht weniger als 30 Jahren ist Iran mit Sanktionen belegt. Im Zuge der Atomdebatte wurden diese seit 2010 massiv ausgeweitet, so dass das iranische Wirtschafts- und Finanzsystem erheblich beeinträchtigt wird.
Die Folgen sind massive Preissteigerungen, Erhöhung der Armut und schliesslich aber auch eine Stärkung des Regimes. Denn dieses stellt sich auf die Krise ein und es kann aus der Unzufriedenheit der Bevölkerung sogar noch politischen Gewinn erzielen. Die bisher ergriffenen Sanktionen haben noch keinen politischen Erfolg gezeitigt.
Smart Sanctions?
Im Grundsatz sollen Sanktionen aber ein probates Mittel bleiben, weswegen es dringend auf internationaler Ebene ein Modus geben muss, um Sanktionen auf deren Wirkungsgrad zu überprüfen und weiterhin den Austausch von wichtigen Gütern (wie Medikamenten) zu ermöglichen. Ein solcher hat beispielsweise die International Crisis Group unlängst vorgeschlagen.
Es braucht deswegen auch klare Sanktionslaufzeiten und nicht nur definierte Ziele, sondern auch den Einbezug von sozio-ökonomischen Auswirkungen auf die Bevölkerungen. Nach Ablauf der jeweiligen Frist muss die Erreichung der Ziele geprüft werden. Unbefristete und weitreichende Sanktionen, auch wenn sie aus ideologischen Gründen noch so verführerisch sein können, können als Instrument gewissermassen nur versagen.
Oliver Thommen studierte Geschichte und Islamwissenschaft in Basel und arbeitet für die Grüne Partei-Basel-Stadt.
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