Turbulenzen am Himmel: Wie ein beleidigter Saucisson am Euroairport das Schweizer Verhandlungsgeschick herausfordert

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Welches Steuerrecht soll auf dem Basler Flughafen anwendbar sein? Anfang Jahres schien sich eine Lösung im Streit  zwischen Frankreich und der Schweiz im Fall „EuroAirport“ abzuzeichnen: Die Schweiz wollte die Frage über den Ausbau des Bahnanschlusses mit der Steuerfrage koppeln. Doch nun ist den Franzosen der Kragen geplatzt.

 

Wenn wir Bewohner der Deutschschweiz mit dem orangen Billigfluganbieter ins europäische Ausland fliegen, tun wir dies meistens ab Basel. Aber bevor wir ins Flugzeug steigen, nehmen wir diverse Dienstleistungen in Anspruch. Sie reichen von Check-in, Zoll bis Duty-Free und vielen technischen Dienstleistungen, welche das Fliegen ab Basel ermöglichen. Am EuroAirport sind etwa 6000 Personen bei 120 Unternehmen beschäftigt. Ferner wird der Flughafen von rund 62 Fluggesellschaften und beinahe 6 Millionen Passagieren angeflogen und benutzt. Der Flughafen ist somit ein wichtiges wirtschaftliches Standbein – nicht nur für Basel, sondern für die ganze Region. Und ein beeindruckendes Beispiel ziviler bilateraler Kooperation zweier Staaten in Europa.

Da es sich beim EuroAirport um einen bi-nationalen Flughafen handelt, wird dieser als öffentlich-rechtliche Unternehmung der Schweiz und Frankreichs gemeinsam betrieben. Und obwohl sich der Flughafen auf französisches Territorium befindet, ist der Flughafen in einen französischen und schweizer Sektor unterteilt. Die Unternehmen, welche am Flughafen tätig sind, unterstehen dem jeweiligen Steuerregime des Sektors, in dem sie sich angesiedelt haben. Seit dem Beitritt der Schweiz zum Schengen-Abkommen 2009 sind diese Sektoren für Passagiere nicht mehr ersichtlich. Allerdings spielt es sowohl für ansässige Unternehmen als auch für den Fiskus der jeweiligen Länder eine wichtige Rolle, in welchem Sektor ein Unternehmen besteuert wird.

Territoriale Trennung vor der Abflughalle am EuroAirport (Quelle: Wikimedia Commons)

Spielt Frankreich den beleidigten Saucisson oder steckt vielleicht mehr dahinter?

Dieses oben erwähnte Steuerregime war im Staatsvertrag von 1949 zum Flughafen zwischen Frankreich und der Schweiz so nicht vorgesehen, hat sich aber im Lauf der Jahrzehnte eingebürgert. Nun wollen die Franzosen nicht mehr: Nach einem Gerichtsurteil in Paris, sah sich Frankreich gezwungen, diesen Umstand zu klären. Die Schweiz hat ihre Bereitschaft zum Verhandeln signalisiert, allerdings wollte diese die Steuerfrage mit der Frage des Bahnausbaus koppeln. Diesen Schritt goutierte die Grande Nation nicht und lässt sich nicht von den «Petits Suisses» unter Druck setzen. Paris lässt verlauten, dass es nun vom Territorialitätsprinzip ausgeht und sich unilaterale Massnahmen vorbehält.

Die Franzosen sind schlechte Verhandler und spielen die beleidigte Saucisson – mag man als erstes denken. Jedoch spielen für Frankreich durchaus handfeste, fiskalische Überlegungen eine Rolle: Da sich die Mehrheit der Unternehmen am EuroAirport im Schweizer Sektor befindet, profitieren diese von einem attraktiveren Steuer- und Arbeitsrechtsregime ­ – und Frankreich entgehen somit gern gesehene Steuereinnahmen. Doch für Unternehmen wie Easyjet, welche eine dominante wirtschaftliche Position am EuroAirport innehaben, ist die nun entstandene Rechtsunsicherheit nicht zufrieden stellend. Easyjet hat darum angekündigt, den geplanten Ausbau am Standort EuroAirport vorerst auf Eis zu legen und eine Lösung abzuwarten.

Wie kann sich die Schweiz wehren?

Während ganz Gallien von den Römern besetzt war und Asterix und Obelix sich mit Zaubertrank gegen die Besatzung wehrten, leben wir in heute friedlicheren Zeiten (und der Zaubertrank ist uns schon lange ausgegangen). Die Geheimwaffen von Kleinstaaten gegen unilaterale Handlungen einer Grossmacht sind das Völkerrecht und die Diplomatie. Der Vertrag von 1949 sieht eine enge Kooperation zwischen Frankreich und der Schweiz vor. Unilaterale Handlungen seitens Frankreichs vereiteln eine solche Kooperation. Der Schweiz steht gemäss dem Vertragswerk eine Klagemöglichkeit an den Internationalen Gerichtshof in Den Haag offen. Ferner sollen unsere Diplomaten nichts unversucht lassen, um mit Frankreich zu einer Einigung zu kommen.

Zumindest bis ein allfälliges Urteil vom Internationale Gerichtshof stehen würde, würde sich am status quo nichts ändern. Die Schweiz könnte hier auf Zeit spielen. Sollte es wirklich hart auf hart kommen: Die Schweiz hat am Flughafen Genf ebenfalls ein Kooperationsabkommen mit Frankreich, von welchem Frankreich in grossem Masse profitiert und welches Ziel unilateraler Beschlüsse der Schweiz werden könnte. Auch wenn solche Retorsionsmassnahmen ein starkes Stück sind, sind sie ein legitimes (wenn auch ultimatives) Mittel des Völkerrechts. Und obwohl die Chemie in Basel gut vertreten ist, sollten wir uns auf oben genannte Mittel verlassen und die Hände vom Zaubertrank lassen.