Viele Hunde sind des Hasen Tod: Die PFZ scheitert an der Kleinlichkeit ihrer Befürworter

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Von Stefan Schlegel – In den drei anstehenden Abstimmungen über die Personenfreizügigkeit geht es um so viel, wie nie mehr seit der EWR-Abstimmung 1992. Von ihren Befürwortern wird die Personenfreizügigkeit aber behandelt, als sei sie nichts weiter als ein Hebel für die Durchsetzung von Partikularinteressen.

Der lange und intensive Abstimmungskampf um die Personenfreizügigkeit hat begonnen und mit ihm die Entscheidung über den bilateralen Weg als Ganzes. Die auffälligste Eigenschaft der Debatte ist, dass die Personenfreizügigkeit bisher nicht das eigentliche Objekt der Diskussion ist, sondern lediglich als Hebel verwendet wird, um andere, partikulare Interessen zu verteidigen. FDP-Präsident Philipp Müller stellt schon seit Jahren einen künstlichen Bezug zwischen der Personenfreizügigkeit und dem Asylwesen her, um den politischen Druck gegen die Personenfreizügigkeit auf Verschärfungen im Asylwesen umlenken zu können. Daran zeigt sich exemplarisch, wie die erdrückende Wichtigkeit der Abstimmungen über die Personenfreizügigkeit missbraucht werden kann, um andere Anliegen voranzubringen. Noch einen Schritt weiter treibt diese Politik die SP, insbesondere ihr Präsident Chrisitan Levrat. Auf sein Betreiben hin will die Partei die Ausweitung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien von Forderungenabhängig machen, von denen sie weiss, dass die Bürgerlichen sie nicht akzeptieren können. Die Personenfreizügigkeit wird zu einer Geisel innenpolitischer Begehrlichkeiten.

Tiefe Selbstentfremdung

Die SP setzt sich damit über ihre zentralsten Ideale hinweg. Sie verrät die Idee, das Recht auf Migration als einen Aspekt persönlicher Freiheit zu verteidigen, obwohl sie sich erst im vergangenen Jahr in einem aufwendig vorbereiteten Positionspapier über Migration (dort Ziff. 116) feierlich zu dieser Idee bekannt hatte. Sie verrät ihr Ideal von internationaler Solidarität, in dem sie riskiert, die vier Millionen Kroaten, die nicht an den Mietpreisen in der Schweiz Schuld sind, in diskriminierender Weise von einer elementaren Freiheit auszuschliessen. Und sie verrät ihr Motto “für Alle statt für Wenige”, indem sie die Personenfreizügigkeit für Partikularinteressen ihrer Klientel aufs Spiel setzt, obwohl sie wissen muss, dass es die Personenfreizügigkeit und die bilateralen Verträge sind, die für das Wohl aller in der Schweiz unentbehrlich sind.

Interessen statt Werte

Aber diese Widersprüche sind das Problem der SP. Der grössere, über die Partei hinaus reichende Schaden dieser Politik ist, dass sie es unmöglich macht, die Personenfreizügigkeit als das Resultat einer an Werte orientierten Politik zu verteidigen. Menschen stimmen aber für Werte, nicht für Interessen.

Die Gegner der Personenfreizügigkeit haben dies verstanden und sie mobilisieren starke Werte wie Unabhängigkeit, Selbstbestimmung, „Schweizer zuerst“ (Masseineinwanderungsinitiative) oder Nachhaltigkeit und Bewahrung der Schöpfung (ECOPOP). Ihrem Angriff müsste daher mit einem alternativen Wertekatalog begegnet werden, in dessen Zentrum die individuelle Freiheit und eine weltoffene Schweiz stehen. Wer hingegen die Masseneinwanderungsinitiative und die ECOPOP-Initiative ablehnt, den Kampf gegen die Ausweitung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien hingegen unterstützt, gesteht öffentlich ein, dass mit Werten ein berechnender und opportunistischer Umgang getrieben wird. Die Wählerinnen und Wähler können das Verhalten der SP nur auf zwei Arten verstehen. Entweder: Die SP hat zwar etwas gegen die Urheber der beiden Volksinitiativen, stimmt aber heimlich zu, dass die Schweiz durch Zuwanderung geplagt sei. Oder: Die SP stimmt der Weiterführung der Personenfreizügigkeit und der bilateralen Verträge zwar halbherzig zu, findet diese aber so wertlos, dass sie bereit ist, sie für ein zusätzliches Pflicht-Formular für Vermieter zu opfern.

Zeit für einen Burgfrieden und etwas Enthusiasmus

Die Tauglichkeit der Forderungen der SP ist nicht Gegenstand dieses Artikels und ihre Tauglichkeit kann auch nicht sinnvoll debattiert werden, solange sie als Ultimatum gestellt sind. Sie sind symptomatisch für das Problem, an dem die Debatte über die Personenfreizügigkeit von Anfang an krankt: Die Gegner der Personenfreizügigkeit mobilisieren Werte, die Befürworter sehen in der Personenfreizügigkeit ein Pfand, das für Partikularinteressen genutzt werden kann. Je mehr Akteure dieser Versuchung erliegen, umso grösser ist die Gefahr, dass es am Ende böse ausgeht.

Die drei schwierigen Abstimmungen können gewonnen werden, aber nur unter zwei Bedingungen: Die Befürworter der Personenfreizügigkeit müssen für die Dauer des Abstimmungskampfes einen Burgfrieden schliessen und der Versuchung widerstehen, die Wichtigkeit der Personenfreizügigkeit für die Erpressung der eigenen Verbündeten zu missbrauchen. Und der Abstimmungskampf muss auf der Basis von Werten geführt werden, statt auf der Basis von Interessen. Er muss den Wert eines Systems betonen, in dem sich obstruktive Bürokratie aus der Lebens- und Wirtschaftsgestaltung der Europäer zurückgezogen hat und ihnen die Möglichkeit gibt, ihr Glück dort zu suchen, wo sie es am ehesten zu finden glauben.

Die Delegierten der SP haben am 26. Oktober in Baden die Möglichkeit, diese Rückbesinnung auf Werte einzuleiten, indem sie die machiavellistische Politik der Partei-Oberen bachab schicken.

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