Seit der Annahme der Minarett-Initiative entstand eine lebhafte Diskussion darüber, wie das delikate Verhältnis zwischen der direkten Demokratie einerseits und den Grundrechten und den internationalen Verpflichtungen der Schweiz andererseits wieder ins Gleichgewicht gebracht werden kann. Diese Diskussion ist hochaktuell, jedoch keineswegs neu. Die historische Untersuchung dieses Diskussionspapiers zeigt auf, dass seit Ende des 19. Jahrhunderts immer wieder Volksinitiativen zustande kamen, welche mit den Grundrechten oder mit völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz kollidierten. Neu ist lediglich, dass solche problematische Volksbegehren von Volk und Ständen angenommen werden. Bei der Umsetzung dieser Volksentscheide stiess die Praxis regelmässig an ihre Grenzen. Als Reaktion auf diese Umsetzungsprobleme wurden aus Politik und Wissenschaft zahlreiche Vorschläge vorgebracht, welche zum Ziel haben, Kollisionen zwischen Volksinitiativen und den Grundrechten oder dem Völkerrecht künftig zu vermeiden. Die Rede war dabei unter anderem von einer Ausweitung der materiellen Schranken der Volksinitiativen, von einer Prüfung durch das Bundesgericht oder von einer neuen Interpretation des zwingenden Völkerrechts. Als Folge eines Auftrags der Bundesversammlung präsentierte der Bundesrat Ende März 2011 schliesslich zwei konkrete Reformideen: Eine materielle Vorprüfung mit Warnhinweis auf dem Unterschriftenbogen und die Erweiterung der materiellen Schranke um die Kerngehalte der Grundrechte. Die verschiedenen Vorschläge setzen an unterschiedlichen Stellen des Prozesses einer Volksinitiative an und übersehen teilweise die Reflexwirkung, die gewisse Änderungen auf andere Stellen des Verfahrens haben. foraus hat alle bisher vorgebrachten Ideen nochmals aufgearbeitet und auf ihre Vor- und Nachteile hin analysiert. Zur Veranschaulichung bedient sich das Diskussionspapier eines Baukastensystems: Der Baukasten soll aus drei Komponenten bestehen, denn bei jedem Reformvorschlag müssen drei Fragen getrennt voneinander untersucht werden: Welche Institution («Wer») darf zu welchem Zeitpunkt («Wann») mit welchen Instrumenten («Wie») in den Prozess einer Volksinitiative eingreifen.