Die Weltgemeinschaft hat sich hehre Ziele gesetzt: die Armut beseitigen und den Klimawandel stoppen. Wunschträume? Eine neue Studie sagt „Nein“ und glaubt sogar, dass es fast zum Nulltarif zu haben ist.
Im September 2015 beschloss die internationale Staatengemeinschaft am UN-Hauptsitz in New York unsere Welt mittels der Agenda 2030 zu transformieren. Kernstück dieser Agenda sind die 17 Sustainable Development Goals (SDG), welche bereits mehrmals auf diesem Blog Thema waren. Armut in jeder Form und überall zu beenden, steht berechtigterweise als SDG1 an erster Stelle. Im Gegensatz zu den vorhergehenden Millenniumsentwicklungszielen, soll dies nun als Teil einer gesamtheitlichen Transformation zu einer nachhaltigen Welt-Gesellschaft geschehen. Die Herausforderungen sind entsprechend vielfältig.
Ein zentraler Punkt wurde Mitte 2015 vom IWF in einer umfassenden Studie angesprochen: die Subventionen fossiler Energie. Gemäss der Studie betrugen die weltweiten Energie-Subventionen im Jahr 2011 4.2 Billionen US-Dollar, doppelt so viel wie zuvor angenommen. Für das Jahr 2015 schätzt der IWF die Kosten auf 5.3 Billionen US-Dollar, also 6.5 Prozent des globalen BSP. Wenn die Menschheit SDG1 und alle weiteren SDG bis 2030 wirklich erreichen will, braucht es neue, mutige Ansätze, die nachhaltige Entwicklung mit Armutsreduzierung verbinden
Armutsreduktion statt Erderwärmung
Die beiden Entwicklungsökonomen Chris Hoy und Andy Summer vomCenter for Global Development haben kürzlich einen solchen Lösungsansatzpubliziert. Sie schlagen vor, dass ein grosser Teil der globalen Armut – sie sprechen von 75 Prozent – beseitigt werden kann, indem Ausgaben für sogenannten public bads stattdessen für die Armutsreduktion genutzt werden. Die Autoren nennen zu hohe Militärausgaben und die Subvention von fossiler Energie als Beispiele für public bads, wobei im Folgenden der Fokus auf den Subventionen liegen wird.
In der Entwicklungsökonomie wird generell davon ausgegangen, dass die Länder des Globalen Südens nationale Armut nicht über Steuererhöhungen bekämpfen können. Wachstum wird oft als einzige Lösung präsentiert. Die Autoren glauben jedoch eine Lösung gefunden zu haben „to end global poverty quicker than waiting for growth.“ 2011 summierten sich die Kosten für die Subventionen von fossilen Brennstoffen in Ländern des Globalen Südens auf 895 Milliarden US-Dollar (oder fast 2 Billionen in 2011 PPP Dollar). Davon profitiert über-proportional die Auto-fahrende Oberschicht. Diese Gelder sollten laut den Autoren nun über bereits bestehende nationale Armutsbekämpfungs-Programme umverteilt werden. Damit versprechen sie sich einen substanziellen Beitrag zur globalen Beseitigung der Armut.
5.8 Prozent weniger CO2-Emmissionen
Die International Energy Agency (IEA) schätzt das die Beseitigung aller Subventionen für fossile Brennstoffe in Länder des Globalen Südens bis 2020 zu einem Rückgang der CO2-Emmissionen von 5.8 Prozent führen würde. Damit wird schnell klar, dass von der obigen Strategie nicht nur die Armen profitieren würden, sondern die ganze Welt. Die Global Subsidies Initiative schätzt, dass ein weltweiter Stopp der Subventionen zu einem durchschnittlichen nationalen Emissionsrückgang von 11 Prozent führt. Wenn 30 Prozent der eingesparten Gelder dann noch für erneuerbare Energien und Energieeffizienz-Projekte eingesetzt werden, könnten die Emissionsreduktionen 18 Prozent erreichen. Schliesslich dürften sich sogar wirtschaftsliberale PolitikerInnen über eine globale Streichung der Subventionen von fossilen Brennstoffen freuen, als Beseitigung einer der grössten Marktverzerrungen weltweit.
Wo ist der Haken?
Die Idee der Herren Hoy und Summer ist auf den ersten Blick bestechend. Trotzdem gibt es einige Hürden auf dem Weg einer erfolgreichen Implementierung. Bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten zwischen benachbarten Länder, würde der Schwarzhandel zunehmen. Und auch politisch ist es äusserst schwierig, Subventionen für fossile Energieträger zu beenden. Ecuador, dass teilweise eine sehr progressive Umweltpolitik verfolgt, kündete 2013 an, die Subventionen herunterzufahren. 2014 waren sie trotzdem 60 Prozent höher. Hoffen lässt ein kürzliche Ankündigungder USA und China vor dem letzten G20 Gipfel. Die beiden Länder wollen zukünftig peer-reviews ihrer Subventionen zulassen. Dies könnte laut der OECD ein erster Schritt sein für „widespread reform across G20 countries of inefficient public support to fossil fuels.“ Einmal implementiert, würde es wohl nicht lange gehen, bis die Länder des Globalen Südens diese Politik aufnehmen.