Während Schneekanonen tiefer gelegene Schweizer Skigebiete nicht vor dem Klimawandel retten können, wird das Angebot an Flugreisen in höher gelegene Skigebiete munter ausgebaut. Für die entstandenen Emissionen ist niemand wirklich verantwortlich.
Von der Insel auf die Piste
Skibegeisterte sollen direkt in die Schweizer Berge fliegen können. Die Dubliner Airline Powdair möchte den Flughafen Sion von 7 internationalen Destinationen anfliegen, verspricht dazu gratis Wintersport-Materialtransport und sogar Saisonkarten für Vielflieger. Derweil warnt das Bundesamt für Umwelt in seinem Bericht zu den Auswirkungen des Klimawandels in der Schweiz davor, dass durch den Temperaturanstieg die Anzahl Tage mit Schnee und die Schneefallmenge abnehmen und die Nullgradgrenze steigen wird. Die Destinationen von Powdair betrifft dies vorerst nicht, die sind allesamt “schneesicher“. Skiorte unter 1500m kämpfen jedoch bereits heute ums Überleben.
Verantwortungsdiffusion bei den CO2-Emissionen
Ein einziger Flug von Dublin nach Sion verursacht über eine Tonne CO2-Emissionen und übersteigt somit bereits das jährliche CO2-Budget pro Kopf, das mit dem 1.5 – 2°-Ziel des Pariser Abkommens vereinbar ist. Die United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC) hat Klimaschutzmassnahmen für den internationalen Flugverkehr an die International Civil Aviation Organistion (ICAO) delegiert. Diese hat erst im vergangenen Herbst dank massivem Druck vereinzelter Mitglieder ein Klimaziel von „CO2-neutralem Wachstum ab 2020“ eingeführt. Erreicht werden soll dieses Ziel durch technologische Massnahmen sowie einem industrieweiten Emissionshandelssystem. Ein solches würde allerdings noch immer zu schätzungsweise 800mio Tonnen CO2-Ausstoss pro Jahr ab 2020 führen. Gleichzeitig kommt eine aktuelle Studie zum Schluss, dass schon vor 2040 netto keine Treibhausgase mehr ausgestossen werden dürfen, um das Pariser Klimaabkommen zu erfüllen.
Die CO2-Emissionen aus der internationalen Flug- und Schifffahrt werden aktuell als sogenannte Bunker Fuel Emissions in den nationalen Treibhausgasinventaren erfasst. Die Länder erfassen sie in der Statistik, sie werden aber nicht zu den nationalen Emissionen dazugerechnet. Dank der Verantwortungsdiffusion ist der Handlungsdruck für alle Beteiligten niedrig. Wenn die Schweiz diese CO2-Emissionen zu ihrem Inventar dazuzählen müsste, würde das Gesamttotal um über 10% steigen – ein unschöner Fleck in der so oft gelobten Schweizer Klimabilanz.
Es braucht mehr Verantwortung & grössere Ambitionen
Solange die Flugindustrie ihre Emissionen nicht kompensieren muss, fehlen die Anreize zu Investitionen in alternative Antriebstechnologien. Weil Flugzeugflotten sehr langlebig sind wirken sich heutige Investitionsentscheidungen noch sehr lange aus. Die konsequente Lösung dieses Problems wäre, dass alle Länder die Bunker Emissions zu ihrer nationalen CO2-Bilanz dazuzählen. Obschon weiterhin die ICAO für die Definition und Durchführung von Klimaschutzmassnahmen verantwortlich sein soll, muss gleichzeitig das Verantwortungsbewusstsein der Länder für diese Emissionen wachsen. Um die nationalen Reduktionsziele trotzdem erfüllen zu können, werden die Länder einerseits in alternative Reiseinfrastruktur und Forschungsprojekte investieren wollen und andererseits als ICAO-Mitgliedstaaten Druck machen für strengere Standards und ambitioniertere Ziele.
Als Mitglied der Paris High Ambition Coalition und Schneesportland, das überdurchschnittlich vom Klimawandel betroffen ist , sollte sich die Schweiz deshalb aktiv und engagiert bei der UNFCCC und an der kommenden COP23 in Bonn dafür einsetzen, dass die Handhabung der Bunker Fuel Emissions neu überdacht wird. Bis dahin könnte die Schweiz freiwillig die eigenen Bunker Fuel Emissions in ihr massgebliches Inventar aufnehmen und andere Länder motivieren, dies ebenfalls zu tun. Ohne effektive Massnahmen gegen den Klimawandel ist ein Grossteil der Schweizer Skilifte gegen Ende des Jahrhunderts bestenfalls ein trauriges Fotosujet.