COVID-19 hat die Aussenpolitik verändert – foraus hat sie mitgestaltet

Klima, internationaler Handel, Migration oder Diplomatie: es gibt kein aussenpolitisches Thema, das nicht in irgendeiner Art und Weise von der Pandemie betroffen ist. Zu und trotz COVID-19 hat foraus im letzten Jahr mit diversen Initiativen Lösungen erarbeitet und diskutiert. Und die Jahresplanung für das Jahr 2021 ist vielversprechend: wir sind gut aufgestellt, um künftige aussenpolitische Herausforderungen mit kreativen Ideen und partizipativen Formaten zu begegnen. Ein Rückblick und ein Ausblick. 

 

von Anna Stünzi, Präsidentin foraus

 

COVID-19 hat 2020 den Fokus der Öffentlichkeit beherrscht. Die Bekämpfung der Pandemie sowie deren Folgen werden die Politik in den nächsten Jahren nicht nur weiter beschäftigen. Sie beeinflussen vielmehr die grossen Herausforderungen, welche die internationale Gemeinschaft in dieser Dekade angehen muss. Ich möchte hier vier Beispiele nennen:

 

Erstens wurden aufgrund der Pandemie und deren Bekämpfung der weltweite Ausstoss von CO2-Emissionen im vergangenen Jahr deutlich reduziert. Einige Länder haben so ganz unerwartet ihr Klimaziel für 2020 erreicht. Allerdings sind die Ausgestaltung der COVID-19-Konjunkturpakete und die Aktualisierung der nationalen Klimaziele zentral, um die globale Erwärmung zu stoppen. Die internationale Konferenz dazu wurde auf dieses Jahr verschoben – genau wie die zweite wichtige Umweltkonferenz. Da geht es um die Definition neuer Ziele zum Schutz der globalen Artenvielfalt. Die Biodiversitäts-Ziele der letzten Dekade wurden alle nicht erreicht, kein einziges.

 

Zweitens zeigte sich die Bedeutung eines regelbasierten internationalen Handelssystems für die Schweiz. Die Verlässlichkeit internationaler Wertschöpfungsketten aber auch Fairness bezüglich der Verteilung von Ressourcen zur Bekämpfung der Pandemie oder Impfdosen werden breit diskutiert. Dies geschieht im Licht zunehmend polarisierender Debatten über industriepolitische Eingriffe sowie der Rolle von internationalen Unternehmen und deren Verantwortung.

 

Drittens waren wir im letzten Frühjahr plötzlich mit geschlossenen Grenzen zu unseren Nachbarn konfrontiert. Umso stärker erfuhren Viele die engen sozialen, kulturellen und ökonomischen Beziehungen, die wir zur Europäische Union und ihren Mitgliedern pflegen. Europa ist ein natürlicher Partner der Schweiz im geopolitischen Spannungsfeld.

 

Viertens arbeiten viele Migrierende, und darunter besonders viele Frauen, temporär und in weniger gut abgesicherten Strukturen oder im informellen Sektor. Viele haben im Zuge des Lockdowns ihre Arbeit und ihr Einkommen verloren und fallen durch die sozialen Netze und Auffangprogramme. Damit verbunden ist wiederum der Einbruch von internationalen Geldtransfers als Rücksendungen, welche einen substantiellen Anteil an Fremdwährung für viele Entwicklungsländer darstellen.

 

Globale Herausforderungen erfordern internationale Verhandlungen und diplomatische Arbeit. Die Erarbeitung von Kompromissen und die Beilegungen von Konflikten war schon vor COVID-19 eine Herausforderung. Die Pandemie hat für den Moment die möglichen Formate verändert, um gemeinsame Antworten zu finden. Der Aufbau eines persönlichen Netzwerks und informelle Gespräche beim Kaffee sind online nicht möglich, Videokonferenzen bringen sicherheitstechnische Herausforderungen mit sich und die Teilnahme der Zivilgesellschaft, beispielsweise als kritische Beobachterin in internationalen Verhandlungen, ist erschwert.

 

Im Jahr 2020 veränderten sich zudem Akteure und Allianzen in der internationalen Politik: polarisierte Positionen und Blockaden in internationalen Organisationen, wie beispielsweise der WHO, die Wahlen in den USA, der Abschluss der Brexit-Verhandlungen und des neuen asiatischen Freihandelsabkommens RCEP, um nur einige Entwicklungen zu nennen. Sie alle beeinflussen das Spielfeld der internationalen Diplomatie.

 

Es stellt sich also die Frage, wie es die Länder schaffen, weiterhin gemeinsam Lösungen für internationale Herausforderungen zu finden. Das letzte Jahr hat uns gezeigt, dass selbst in einer Zeit, wo wissenschaftliche Hypothesen, Ergebnisse und deren kritische Diskussion stark im Fokus der Öffentlichkeit stehen, die Übersetzung von Fakten in die politische Lösungsfindung nicht trivial ist.

 

Umso wichtiger ist es also, dass es Akteure gibt, welche sich basierend auf tagtäglicher Expertise, wissenschaftlicher Analyse und mit frischem Geist an diese Übersetzung wagen und eine Partizipation der Bevölkerung ermöglichen. foraus war dank der Entwicklung von Policy Kitchen eine der ersten Organisationen mit einem Tool, welches virtuelle Brainstormings und Diskussionen ermöglicht.  In den letzten 12 Monaten haben wir Ideen platziert und Diskussionen lanciert zu Themen, die hochrelevant sind für die oben skizzierten Problemfelder und die Staatengemeinschaft – lesen Sie selbst im  Jahresbericht 2020-2021!

 

Das neue Jahr ist fulminant angelaufen und wird viele aussenpolitische Herausforderungen für die Schweiz bringen. foraus ist bereit, mit seinen Ideen zu deren Lösung beizutragen.*

 

*Dieser Text ist im Jahresbericht 2020-2021 in leicht abgeänderter Fassung erschienen.