Export von Pilatus-Trainingsflugzeugen nach Saudi-Arabien: Berechtigte Kritik am Seco?

Völkerrecht

Von Alexander Spring Das Seco bewilligte im April die Lieferung von Pilatus-Trainingsflugzeugen nach Saudi-Arabien. Der Deal wurde von links-grüner Seite stark kritisiert. Ist die Lieferung der Trainingsflugzeuge in ein Land, in welches seit 2009 kein Kriegsmaterial mehr geliefert wird, wirklich so problematisch?

Ende April bewilligte das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) als zuständige Bundesbehörde den Export von 55 Pilatus-Trainingsflugzeugen (Typ PC-21) nach Saudi-Arabien. Als der Deal am 23. Mai durch die Medien bestätigt wurde, kam die Kritik von links-grüner Seite postwendend. Den Medien war zu entnehmen, dass die Grünen und die GSoA vom Bundesrat verlangten, den Export zu unterbinden. Josef Lang nannte das Geschäft mit einem „der unfreiesten Staaten der Welt“ entsprechend einen „dicken Hund“. Doch ist die geäusserte Kritik am Seco berechtigt?

Trainingsflugzeuge als Kriegsmaterial?

Die Kriegsmaterialverordnung (KMV) präzisiert die Kriterien, nach denen Kriegsmaterial definiert wird. Unter Kriegsmaterial fallen laut Anhang der KMV bemannte Luftfahrzeuge. In einer Anmerkung zum Anhang wird festgehalten, dass Luftfahrzeuge, welche „nicht für eine militärische Verwendung konfiguriert sind und die nicht mit technischen Ausrüstungen oder Zusatzeinrichtungen versehen sind, die für Kampf- oder Gefechtszwecke besonders konstruiert oder geändert sind“, nicht unter Kriegsmaterial fallen. Zudem besagt das Güterkontrollgesetz (GKG), welches den Export von doppelt verwendbaren sowie besonderen militärische Gütern regelt, dass „Güter, die für militärische Zwecke konzipiert oder abgeändert worden sind, die aber weder Waffen, Munition, Sprengmittel noch sonstige Kampf- oder Gefechtsführungsmittel sind, sowie militärische Trainingsflugzeuge mit Aufhängepunkten“ als besondere militärische Güter gelten. Rein rechtlich betrachtet bestand von Seiten des Seco die Möglichkeit, die Pilatus-Trainingsflugzeuge nicht als Kriegsmaterial zu behandeln und den weniger strengen Bewilligungskriterien des GKG zu unterstellen. Der Gesetzgeber schuf hier eine veritable Lex Pilatus zur Stärkung der Schweizer Waffenindustrie.

Verwirrende Unterschiede zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien

Die Praxis des Seco in der Trainingsflugzeugsfrage ist jedoch inkonsistent. 2011 präsentierte das Seco Rekordzahlen zum schweizerischen Kriegsmaterialexport. Das gute Ergebnis ist allerdings nur zustande gekommen, weil eine Lieferung von 25 PC-21 an die Vereinigten Arabischen Emirate als Kriegsmaterial definiert wurde. Diese (begrüssenswerte) Massnahme wurde dahingehend begründet, dass zum Zeitpunkt der Bewilligungserteilung nicht sicher war, ob die Flugzeuge in der Schweiz bewaffnet oder für die Aufnahme von Waffen vorbereitet werden sollten. Im Falle von Saudi-Arabien – ein Land, in welches Kriegsmaterialexporte hauptsächlich aufgrund schwerer und systematischer Menschenrechtsverletzungen seit 2009 nicht mehr zulässig sind –  wurde für den gleichen Flugzeugtyp festgehalten, dass eine Zweckentfremdung wegen der Komplexität der Elektronik und Aerodynamik nur sehr schwer möglich sei. Die Gefahr, dass die langsamen Propellerflugzeuge für den Einsatz gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt würden, wurde als gering eingeschätzt. Es erstaunt, dass die Bewaffnung nur den Pilatus-Werken in der Schweiz zugetraut wird, nicht aber den Saudis, die rüstungstechnisch in der höchsten Liga mitspielen.

Glaubwürdigkeit des Seco leidet

Die Handhabung des Exports nach Saudi-Arabien hat aufgezeigt, dass sich das Seco rechtlich auf der sicheren Seite befindet. Die Begründung einer unterschiedlichen Behandlung im Vergleich zum Deal mit den Vereinigten Arabischen Emiraten weist jedoch klare Schwächen auf. Das Argument, dass die höhere Lieferzahl (55 im Vergleich zu 25) zu einer Andersbehandlung von Saudi-Arabien geführt hat, liegt erschreckend nahe. Dies schränkt die Glaubwürdigkeit des Seco in Bezug auf künftige Kriegsmaterialexporte deutlich ein.

Alexander Spring, 28, ist Assistent und Doktorand an der Universität Bern im Bereich Völkerrecht und Menschenrechte. Er leitet die foraus-AG Menschenrechte und humanitäre Politik und ist Mitverfasser der foraus-Studie „Der schweizerische Kriegsmaterialexport auf dem Prüfstand“.

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