Von Yannick Schoch – Um in der Klimapolitik entscheidend voranzukommen, müssen die an der Welt-Klimakonferenz der UNO in Südafrika beschlossenen strukturellen Massnahmen innert kürzester Frist in verbindliche Reduktionsziele umgesetzt werden. Darüber hinaus ist ein entschlossenes Vorgehen auf weiteren Handlungsebenen erforderlich. Die Schweiz würde emissionstechnisch besser mit gutem Beispiel vorangehen, als hintanzustehen.
Dies ist der zweite Teil von Yannick Schochs Analyse zu Durban.
Dem Menschen ist das Hemd näher als der Rock – dies gilt besonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Daher ist es ein positives Zeichen, dass an der Klimakonferenz in Durban überhaupt eine Einigung erzielt werden konnte. Das lässt einen gewissen Willen der Staatengemeinschaft erkennen, die Herausforderungen der Klimaerwärmung anzugehen. Erfreulich ist speziell, dass das neu zu schaffende Klimaabkommen für alle Staaten gelten soll und als geradezu revolutionär mutet es an, dass die bisher immer an der Seite der Chinesen stehenden ärmsten Länder, sich mit den Europäern für einen neuen Klimavertrag ausgesprochen haben. Bis zu einem globalen Abkommen ist es aber noch ein weiter Weg und die Zeit drängt.
Das weitere Vorgehen im Rahmen der Klimarahmenkonvention
Nach der Aufgleisung des institutionellen Rahmens müssen umgehend die nötigen Schritte zur Konkretisierung und Umsetzung der gefassten Beschlüsse getroffen werden. Dabei wird es essentiell sein, das neue Abkommen mit griffigen Massnahmen zur Sanktion für das Nichterfüllen von Reduktionszielen auszustatten. Der Klimafonds zur Unterstützung der Entwicklungsländer bei Emissionsreduktionen und bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels, dessen Errichtung in Durban beschlossen wurde, muss so schnell wie möglich mit einem Finanzierungsmodell ausgestattet werden, denn es ist noch völlig unklar, woher die entsprechenden Mittel stammen sollen. Bis zum Ablauf der ersten Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls Ende 2012 gilt es auch, die Ziele und die Dauer der zweiten Periode festzulegen, damit diese Anfang 2013 in Kraft treten kann und ein vertragsloser Zustand vermieden wird. Wichtig ist zudem, die Lehren aus den Geburtsfehlern des Kyoto-Protokolls zu ziehen. Dazu gehört etwa das einseitige Kündigungsrecht, welches es den Mitgliedsstaaten ermöglicht, einfach aus dem Vertrag auszusteigen, um Strafzahlungen zu entgehen, wie dies Kanada eine Woche nach der Konferenz in Durban getan hat.
Andere Handlungsansätze in der Klimapolitik
Da die Verhandlungen im Rahmen der UNO auf globaler Ebene stattfinden, sind sie von grösstmöglicher Legitimität. Aus demselben Grund sind sie aber auch schwerfällig. Daher ist es wichtig, die Verhandlungen in der UNO entschlossen weiterzuführen und die in Durban geschaffenen Hüllen mit konkreten Inhalten zu füllen, um eine Emissionsreduktion zu erreichen. Gleichzeitig gilt es aber auch auf anderen Ebenen und in dynamischeren und handlungsfähigeren Gremien – wie der EU und den G-20 – weiter voranzuschreiten. Auf nationaler Ebene liegt es an den einzelnen Regierungen, wirksame Reduktionsmassnahmen einzuleiten. Vermehrt sehen auch grosse Emittenten wie China ein, dass der Klimawandel im eigenen Land enormen Schaden anrichten wird. Und auch wenn sich dies noch nicht in der Bereitschaft äussert, verbindliche Verpflichtungen einzugehen, steigt bei diesen Staaten der Wille, Reduktionsmassnahmen zu ergreifen. Vor allem den armen Ländern müssen die Vorteile erneuerbarer Energien aufgezeigt werden. Durch technisches Knowhow und Finanzierung gilt es, diese auch bei der Nutzung des Potentials ihrer Ressourcen in Bereichen wie Solarenergie und Geothermik zu unterstützen.
Viel Bedarf für Verbesserung auch in der Schweiz
Auf internationalem Parkett macht die Schweiz als lösungsorientierter „honest broker“ einen guten Job, jedoch hinkt auch sie den Zielen des Kyoto-Protokolls hinterher. Für die globale Entwicklung sind die Treibhausgasemissionen der kleinen Schweiz zwar nicht ausschlaggebend. Trotz Frankenstärke und drohender Rezession sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Schweiz im globalen Umfeld aber weiterhin beneidenswert. Deshalb sollte sie mit gutem Beispiel vorangehen und alles unternehmen, um die Werte von Kyoto zu erreichen. Dies genügt aber noch nicht: Die Schweiz importiert überdurchschnittlich viele emissionsintensive Produkte, insgesamt fallen rund 59 Prozent des Schweizer „Carbon Footprints“ im Ausland an. Daher müsste die Schweiz deutlich ambitioniertere Reduktionsmassnahmen ergreifen, mehr in die Forschung sowie die Umsetzung bereits vorhandener Alternativtechnologien investieren und sich stärker im Bereich des Technologietransfers engagieren, um ihre klimapolitische Verantwortung wahrzunehmen.
Yannick Schoch ist Jurist und lebt in Zürich. Er ist Mitglied der foraus-Arbeitsgruppe Umwelt, Verkehr und Energie.
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