Trump und die Klimafrage
Als die US-Wahlergebnisse bekannt wurden, herrschte Trübsal im Kreise der Klimaschützer. Trumps Tweet «Climate change is a hoax» hatte zu diesem Zeitpunkt bereits traurige Berühmtheit erlangt. Die Umweltjournalistin Annie Sneed analysierte daraufhin, welche Entscheidungen zum Klimaschutz Trump bereits in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit fällen könnte. Wenn das Team Trump seinen markigen, klimaschutzfeindlichen Worten tatsächlich Taten folgen lassen will, so stehen ihm dazu vier verschiedene Hebel zur Verfügung – international, legislativ, personell und finanziell.
Während ein Austritt aus dem Paris Agreement mit langen Wartefristen und grossem Aufwand verbunden ist, könnten die USA sofort die Beiträge an den U.N. Green Climate Fund einstellen. Dies würde einen beträchtlichen Finanzierungsausfall für Klimaschutzprojekte bedeuten.
Bestehende Gesetze könnte der neue Präsident zwar nur über den offiziellen rechtlichen Weg ändern, aber er hat die Möglichkeit, noch nicht finalisierte Reglemente ohne grossen Aufwand zu kippen. Beispielsweise könnte er Obamas Clean Power Plan komplett überarbeiten lassen, weil kein definitives Urteil über dessen Gültigkeit vorliegt.
Auch die Nomination des Aussenministers Rex Tillerson, Chef des Ölkonzerns Exxon Mobile, lässt die Sorgen um die Rolle der USA im internationalen Klimaschutz nicht schwinden. Zwar anerkennt Tillerson den Klimawandel als Realität und will sich nicht vom Verhandlungstisch verabschieden. Der Exxon Mobile-Konzern hat unter seiner Führung aber jahrzehntelang bewusst Klimaskeptiker finanziell unterstützt. Scott Pruitt hingegen, designierter Chef der Umweltschutzbehörde EPA (Environmental Protection Agency), bezweifelt den Klimawandel und kämpfte in der Vergangenheit gegen staatlichen Umweltschutz.
Als relativ einfache Option könnte Trump das Budget der EPA so kürzen, dass sie zu wenig Mittel hätte, um ihre Regulierungen durchzusetzen. Eine Auflösung der EPA wiederum wäre schwierig, weil Trump dazu die Zustimmung beider Kammern des Kongresses benötigt und sich der Entrüstung verschiedenster zivilgesellschaftlicher Gruppen aussetzen würde. Schliesslich lässt Trumps Wahlkampfversprechen über Investitionen im Energiebereich vermuten, dass er den Ausbau fossiler Energieproduktion fördern will. Der tiefe Ölpreis könnte diese Pläne jedoch vereiteln. Es wäre verwunderlich, wenn Trump die Öl- und Gasförderung forcieren würde, solange die Preise so tief sind.
Obwohl Trumps Ansichten schwer zu fassen sind und sich schnell ändern – kürzlich hat er überraschenderweise gesagt, dass er «offen» gegenüber dem Pariser Abkommen sei – ist im Team Trump eine klar klimaskeptische Haltung zu erkennen.
Um Trump abzubremsen und dem Klimawandel noch mehr Bedeutung zu verleihen, hat sich noch-Präsident Obama deshalb in den letzten Wochen seiner Amtszeit verstärkt den Themen Klima und Umwelt gewidmet[1]. Er ratifizierte das Pariser Abkommen, hat grosse Teile der arktischen US-Gewässer für Ölbohrungen gesperrt und liess verschiedene Regionen als «national monuments» unter Schutz stellen. Ebenfalls thematisierte er Klimaschutz und die Gefahr der Verleugnung von Fakten in fast all seinen Ansprachen.
So konservativ die nationale Politik erwartungsgemäss sein wird – grosse Staaten wie Kalifornien werden sich nicht mit einer ambitionslosen Klimapolitik zufrieden geben. «I wouldn’t underestimate California’s resolve if everything moves in this extreme climate denial direction. Yes, we will take action!», sagte beispielsweise Jerry Brown, Gouverneur des Bundesstaats.
Auch international wäre das Verständnis für einen US-Rückzug aus dem Pariser Abkommen äusserst gering. So hat sich etwa China schon im November 2016 deutlich kritisch gegenüber solchen Plänen geäussert.
Trumps bisherige Äusserungen sind zwar nicht sehr wohlwollend gegenüber China. Jedoch ist und bleibt Trump Geschäftsmann und aus ökonomischer Sicht gibt es keine Zweifel am Erfolg der erneuerbaren Energien: 2015 waren die Investitionen in erneuerbare Elektrizitätsproduktion doppelt so hoch wie diejenigen in Kohle und Gas.
Unsere Prognose ist daher: Die Suppe wird nicht so heiss gegessen wie sie gekocht wurde. Trump wird in den ersten 100 Tagen erstens merken, dass mehr als 140 Zeichen nötig sind, um Wahlversprechen einzulösen. Und zweitens wird der Geschäftsmann Trump über den Ideologen siegen. Die USA werden sich nicht als Vorreiter hervortun, aber sie werden aus eigenem Interesse gleichwohl davon absehen, den Siegeszug erneuerbarer Technologien zu verpassen.