Verzweifelte Menschen flüchten vor Gewalt und Menschenrechtsverletzungen. 11 Millionen haben sich in Syrien und im Irak auf den Weg gemacht. Keine Mauer kann sie aufhalten. Ohne massiv verstärkte humanitäre Anstrengungen in der Region und ohne Aufbau nachhaltiger wirtschaftlicher und politischer Strukturen wird der Flüchtlingsdruck anhalten. Zur Bewältigung der aktuellen Flüchtlingskrise kommt noch die Aufgabe hinzu, künftigen Krisen entgegen zu wirken.
Der Weltklimarat (IPCC) hat im Bericht 2014 die regionalen Gefährdungen aufgelistet, wenn der internationale Klimaschutz weiterhin ein tiefes Ambitionsniveau anstrebt. Im Maschrek und in Subsahara-Afrika werden Bevölkerungswachstum, schwache ländliche Entwicklung, geringe Kapazitäten zur politischen Problemlösung, zunehmende Dürren und Wasserknappheit politische Krisen und Migrationsdruck massiv verstärken.
Trotz beeindruckenden Erfolgen, die weltweite Armut zu reduzieren, lebt immer noch ein grosser Teil der Menschheit in absoluter Armut, ist von Konflikten, Hunger, Krankheit betroffen und hat zu medizinischer Versorgung oder Grundbildung nur einen sehr beschränkten Zugang. Auch die internationale Umweltpolitik hat Fortschritte gemacht. Gleichwohl bewegen sich – laut dem Stockholm Resilience Center – die menschlichen Eingriffe in die Umwelt in vier von insgesamt neun Bereichen ausserhalb der planetaren Belastungsgrenzen. Im roten Bereich sind der Klimawandel, die Artenvielfalt, die Landnutzung und die Phosphor- und Stickstoffkreisläufe.
Nächste Woche werden die Staats- und Regierungschefs im Rahmen der UN Generalversammlung Ziele für eine nachhaltige Entwicklung für die Zeit nach 2015 beschliessen, die nicht nur armen Ländern den Weg in eine bessere Zukunft öffnen, sondern für alle Länder eine Verpflichtung sein sollen. „Weiter-so-wie-bisher“ ist alles andere als eine zukunftstaugliche Option, um nachfolgenden Generationen Wohlstand zu ermöglichen. Der UN-Generalsekretär Ban Ki-moon hat denn auch die Latte hoch gesteckt und spricht vom „transformativen Paradigmenwechsel für die Menschen und den Planeten“.
Die globalen Nachhaltigkeitsziele sollen für alle Länder gelten und alle Politikbereiche einschliessen. Vordringlich für die Umsetzung werden integrierte Politikansätze und eine viel engere Verknüpfung von Aussen-, Wirtschafts-, Friedens-, Entwicklungs-, Umwelt-, und auch der Migrationspolitik. Wie andere Länder ist auch die Schweiz gefordert, globale Verantwortung in der nationalen Politik viel stärker zu berücksichtigen und ihr politisches Instrumentarium auf die Nachhaltigkeitsziele auszurichten. Reiche Länder müssen zeigen, dass ihr Wohlstandsmodell bei einer weltweiten Anwendung die planetaren Leitplanken respektiert und die Lebensgrundlagen in Armuts- und Entwicklungsregionen nicht weiterhin beeinträchtigt.
Die Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele bietet auch der Schweiz neue Chancen, wenn sie zum Beispiel die Zusammenarbeit mit Entwicklungs- und Schwellenländern auf ihren klimaverträglichen und erneuerbaren Entwicklungspfaden massiv unterstützt. Umgekehrt kann die Schweiz diese Zusammenarbeit nutzen, um die internationale Nachhaltigkeitspolitik aktiv mitzugestalten und ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele weiter anzuheben. Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft sind gefordert, die Transformation Richtung Nachhaltigkeit hierzulande wie auch in Armuts- und Entwicklungsregionen mit neuen Lösungen zu unterstützen. Es braucht „Pioniere des Wandels“ mit Kompetenzen zur Umsetzung transdisziplinärer Lösungen und zur Gestaltung von Programmen, die Wohlstand für alle innerhalb der ökologischen Grenzen ermöglichen. Dazu gehört die Fähigkeit, strategische Allianzen mit Nachhaltigkeitsakteuren und innovative Kooperationen in unterschiedlichen Ländern aufzubauen.