Seit 2007 und zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit lebt eine Mehrheit der Weltbevölkerung in urbanen Räumen. Stadtregierungen als Behörden, welche heute den Bürgerinnen und Bürgern am nächsten stehen, kommt daher zusehends eine zentrale Rolle zu, wenn es darum geht, das Weltgeschehen zu beeinflussen. Bisher wurde der Rolle von Städten jedoch bei der Bewältigung transnationaler Herausforderungen kaum Beachtung geschenkt. Der Aufstieg der Städte als Vermittlerinnen zwischen «top-down» Logiken globaler Regierungsführung und «bottom-up» zivilgesellschaftlichem Aktivismus, hat deshalb weniger überraschend hauptsächlich im Schatten des politischen Tauziehens zwischen den Staaten stattgefunden. Er widerspiegelt sich seit Kurzem aber auch in der Entwicklung von Städtenetzwerken. Städtenetzwerke sind transnationale Allianzen zwischen lokalen Regierungen mit dem Ziel über Grenzen hinweg zusammenzuarbeiten, neue Standards zu etablieren und auf politische Entscheidungsfindung einzuwirken. Vor allem aber überbrücken diese Netzwerke mehr und mehr die «Führungsdefizite», die aufgrund international festgefahrener Debatten entstanden sind. Um es mit den Worten von Michael Bloomberg, dem ehemaligen Bürgermeister von New York, zu sagen: «Nationen reden, Städte handeln.» Vor diesem Hintergrund – und als wichtige Gastgeberin auf internationaler Ebene – ist Genf diesem urbanen Aufruf zum Handeln gefolgt. Durch die Teilnahme an mehreren Städtenetzwerken entwickelt die Stadt schrittweise Kompetenzen, um die globale Politik zu beeinflussen und sich auf der Bühne der Weltpolitik zu etablieren. Daher ist die folgende Frage zentral: Welche Art von Führungsrolle übt Genf zurzeit im Bereich Global Governance aus?